Audite audite, patres conscripti!

Alberigo Tuccillo Geschichte, Sprache Schreibe einen Kommentar

Im damaligen Königreich Sachsen, das bis 1918 existierte, gab es den angesehenen Autohersteller ‹August Horch & Cie. Motorwagenwerke Zwickau›. Die Firma war vom deutschen Maschinenbauingenieur August Horch (1868 — 1951) gegründet worden.

Nach erbittertem Zerwürfnis mit seinen Partnern verließ Horch die von ihm aufgebaute Gesellschaft und gründete eine neue. Die alten ‹Horch Motorwagenwerke› gingen ohne die Führung des tüchtigen Unternehmers, Ingenieurs und Gründers bald ein, während die neue Firma — wie wir gleich sehen werden — einem der größten Erfolge der Geschichte der Automobilindustrie überhaupt entgegensah.

Vor einem vergleichsweise kleinen Problem stand der Ingenieur jetzt allein deshalb, weil er die Rechte an der Marke ‹Horch› nicht mehr besaß und nun einen Namen für die Gesellschaft finden musste, mit der er als Konkurrent der Firma antreten würde, die noch immer seinen eigenen Namen trug!

Immerhin beschert mir aber diese merkwürdige Geschichte die angenehme Gelegenheit, für Gymnasiasten, die Latein lieben, eine Lanze zu brechen! Als Horch sich nämlich zusammen mit seinem Freund Franz Fikentscher den Kopf darüber zerbrach, welchen Namen man dem neuen Unternehmen geben sollte, mischte sich dessen Sohn Heinrich Fikentscher, der Gymnasiast, ins Gespräch ein und machte folgenden Vorschlag: «‹Horch›», sagte er, «ist der Imperativ des Verbs ‹horchen›, Lateinisch ‹audire›, und der Imperativ zu ‹audire› ist ‹audi›. Warum nennst du deine neuen Werke nicht so? Früher war es üblich, den eigenen Namen zu latinisieren, und schließlich klingt AUDI für sprachlich Unbedarfte doch, als hätte es etwas mit Automobil zu tun.»

Ob und wie der kluge Heinrich dafür gewürdigt und belohnt wurde, ist nicht bekannt — wenigstens mir nicht. Und da die Audi-Werke bereits am 16. Juli 1909 gegründet wurden und offiziell ihren Namen bekamen, wird Heinrich Fikentscher diesen Post wohl kaum mehr lesen. Ich sage ihm trotzdem solidarisch: «Mira, Henrice, optime fecisti.»

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