Der reiche Jude Nathan kommt von einer Geschäftsreise zurück und erfährt, dass seine Pflegetochter Recha von einem christlichen Tempelherrn aus dem brennenden Haus gerettet worden ist. Der Ordensritter wiederum verdankt sein Leben Saladin, dem muslimischen Herrscher Jerusalems. Der Sultan hat ihn seinerseits als einzigen von zwanzig Gefangenen begnadigt, weil er seinem verstorbenen Bruder Assad ähnlich sieht. Der rational denkende Nathan ist trotz dieser glücklichen Umstände nicht bereit, ein Wunder zu vermuten oder gar zu erkennen. Er überzeugt auch Recha davon, dass es töricht sei, an Schutzengel zu glauben. weiter lesen >
Von den drei Ringen
«Mein Freund, ich habe schon von vielen gehört, du seiest weise und habest besonders in göttlichen Dingen tiefe Einsicht. Darum wüsste ich gern von dir, welches unter den drei Gesetzen du für das wahre hältst, das jüdische, das sarazenische oder das christliche.» weiter lesen >
Eine Hand wäscht die andere
Als die Ingenieurinnen und Ingenieure den Touchscreen erfunden hatten und auch für die Texteingabe auf Smartphones nutzen wollten, merkten sie, dass sich Geräte zwar immer kleiner bauen lassen, die Finger der Menschen jedoch gleich dick bleiben, und dass man sich folglich beim Eingeben der Buchstaben dauernd vertippte. weiter lesen >
SAATKÖRNER
Der Sand der Uhren rieselt, Korn um Korn,von dem, was kommen wird, zu dem, was war,in stetem Fluss und niemals umkehrbar.Und niemals heißt’s: «Beginnen wir von vorn!» Wer Fehler macht, kann freilich sie bereuenund macht im Glücksfall manches wieder gut.Doch …
Pecunia non olet
Senatoren, die über eine Steuer des Römischen Reiches auf menschliche Ausscheidungen die Nase rümpften, soll der Kaiser entgegnet haben: ‹PECUNIA NON OLET› (Geld stinkt nicht). Historisch belegt ist das Bonmot allerdings nicht. weiter lesen >
Außergewöhnliches Epitaph für eine außergewöhnliche Frau
Die Bestattete Allia Potestas, zu deren Ehre die Inschrift verfasst und angefertigt wurde, war eine Sklavin — nicht eine emanzipierte Sklavin (zum Begriff ‹Emanzipation› siehe Amuse-Bouche› s. 102 ff.), sondern eine als Sklavin im Dienst gestorbene Sklavin!
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Der Satz
Musik Mauricio Kagel / Alberigo Tuccillo In diesem Satz stehtzweimal nichts und dreimal und,zweimal in, zweimal diesem,zweimal Satz, zweimal steht,neunmal zweimal, zweimal neunmal,zweimal dreimal, zweimal sonstund sonst nichts.
Schwachsinnig klug
Worauf ich aber nach dieser langen Einleitung eigentlich hinaus will, ist der ‹trockene Humor›! weiter lesen >
Audite audite, patres conscripti!
«‹Horch›», sagte er, «ist der Imperativ des Verbs ‹horchen›, Lateinisch ‹audire›, und der Imperativ zu ‹audire› ist ‹audi›. Warum nennst du deine neuen Werke nicht so?» weiter lesen >
Gavotte en Rondeau
Ich mochte es ganz besonders, mich auf der anderen Seite der Gasse auf den Hydranten zu setzen, um von dort aus seiner Kunst zu lauschen, um seinen flinken Bogen zu bestaunen, wie er bald zärtlich weiche Töne aus den Saiten streichelte, bald hart am Steg strenge Akkorde kratzte, um dann in schelmischem Spiccato über die Oktaven zu hüpfen und zu tanzen. Eine Viertelstunde saß ich da, ab und an eine halbe, selten länger. weiter lesen >