Viele Dörfer und Städtchen sind nach ihm benannt, Kirchen und Kathedralen wurden ihm geweiht, und allgemein gilt er als einer der am meisten verehrten Heiligen, obwohl er nie heiliggesprochen wurde: der heilige Martin. Viel weiß man nicht über ihn. Geboren würde er 316 oder 317 in Savaria, in der römischen Provinz Pannonia Prima, heute Szombathely, Ungarn. Er starb 397 in Candes bei Tours im heutigen Frankreich, wo er Bischof gewesen war und als einer der ersten im Abendland ein Kloster gegründet hatte. Das scheint etwas wenig zu sein, um als Heiliger zu kandidieren.
Was kann man denn über sein Leben vor dem Episkopat sagen? Auch nichts wirklich Bewegendes: Er war ein römischer Legionär mit Offiziersgrad gewesen, der sich eines Tages weigerte, gegen die Germanen zu kämpfen, was jedoch folgenlos blieb, weil sich die Germanen kampflos ergaben, sodass es zu keiner Schlacht kam, und weil seine Dienstzeit sowieso beendet war, er folglich ausgemustert wurde. Erst da bekannte er sich zum Christentum und zog sich als Einsiedler auf die Insel Gallinara bei Genua zurück. Bald aber folgten ihm so viele Anhänger in seine Einsiedelei, dass es ihm zu bunt wurde und er dieses Leben wieder aufgab. Da reiste er nach Gallien, wurde, wie bereits gesagt, Bischof und gründete ein Kloster.
Die Assoziation, die Gläubige haben, wenn sie an ihren verehrten Heiligen denken, ist die merkwürdige Geschichte mit dem Mantel, die, selbst wenn man sie für wahr hält, sich zu einer Zeit abgespielt haben musste, in der der gute Martin noch Krieger war und noch nicht Christ.
In nahezu allen künstlerischen Darstellungen wird Martin wie folgt abgebildet: An einem Tag im Winter sei er am Stadttor von Amiens einem armen, spärlich bekleideten Mann begegnet. Außer seinen Waffen und seinem roten Militärmantel habe er nichts bei sich gehabt, was er dem Bedürftigen hätte geben können. In einer barmherzigen Tat habe er seinen Mantel mit dem Schwert geteilt und eine Hälfte dem Armen gegeben. In der folgenden Nacht sei ihm dann im Traum Christus erschienen: bekleidet mit dem halben Mantel, den Martin dem Bettler gegeben hatte.
Ich finde die Sache ziemlich komisch. Aber meine profane Feder soll nicht weiter an der Würde eines Heiligen kratzen. Ich werde mir an ihm ein Beispiel nehmen und fortan Leuten, die die Zeitung nicht lesen können, die Hälfte meiner Brille abtreten, für meine Nachbarin, wenn sie nichts hat, worin sie die Kartoffeln kochen könnte, einen Topf zersägen und ihr die Hälfte davon schenken, und wenn ich mal einem armen Teufel begegne, der barfuß im Schnee steht, kann dieser sich sicher sein, dass er von mir einen Schuh kriegt.