Die Gestalt des Vercingetorix, des keltisch-gallischen Fürsten, der die Völker Galliens zu dem letzten allgemeinen, aber erfolglosen Versuch vereinigte, ihre Unabhängigkeit gegen den Eroberer Julius Cäsar zu verteidigen, 52 v.Chr. geschlagen und 48. v.Chr. in Rom hingerichtet wurde, wird seit dem 19. Jahrhundert zu einem mythischen Ursprungs-Helden derfranzösischen Nation verklärt.

Vercingetorix-Denkmal in Alise-Sainte-Reine
Vercingetorix ist jedoch nicht der eigentliche Namen der Person, sondern sein Titel. Wörtlich übersetzt aus dem Keltisch-Gallischen bedeutet der Begriff ‹Oberbefehlshaber der Krieger›: ‹ver-› (Englisch ‹over›, Deutsch ‹ober› und ‹über›), ‹-cingeto-› (Krieger), ‹-rix› (König — wie Lateinisch ‹rex›, und Althochdeutsch ‹-rich›, etwa in Theoderich, Alberich, Alarich).
In der nicht bloß französischen Allgemeinheit nistete sich die Vorstellung ein, ‹-rix› sei die typische Endung von männlichen gallischen Vornamen. So gab René Goscinny seinen gallischen Comic-Helden auf ‹-ix› endende Namen, wobei er die Endung in witzigen Wortspielen mit ähnlich klingenden französischen Wörtern und Wendungen verband: Astérix (zu ‹astérisque›, Asterisk), Obélix (zu ‹obélisque›, Obelisk), Idéfix (zu ‹idée fixe›, fixe Idee), ‹Assurancetourix› (zu ‹assurance tous risques›, Vollkaskoversicherung), ‹Abraracourcix› (zu ‹à bras raccourcis›, wörtlich ‹mit verkürzten Armen› im Sinne von ‹mit der Tür ins Haus fallen›)…
Über Goscinnys köstliche, humorvolle und linguistisch stets stimmige Wortschöpfungen werde ich vielleicht einmal einen eigenen Artikel schreiben, doch jetzt kehre ich zum Haupthelden der tapferen Gallier aus dem Dorf der Unbeugsamen zurück, zu Asterix und damit zum Asterisken — zu der zu dessen Namen führenden Vorlage.
Der Asterisk, auch Sternchen genannt, ist ein typografisches Zeichen in Form eines kleinen fünf- oder sechsstrahligen, meistens hochgestellten Sternchen (*), das in einem Text mehrere Funktionen haben kann. Das Wort ‹Asterisk› ist in der typografischen Fachsprache direkt vom lateinischen ‹asteriscus› übernommen, was seinerseits vom altgriechischen Diminutiv ‹ἀστερίσκος› [asterískos], (Sternchen), zu ‹ἀστερ› [aster], (Stern).
Das Wort ‹ἀστερ› [aster], (Stern) finden wir in Begriffen wieder wie: ‹Astronomie›, ‹Astrologie›, ‹Asteroid›, auch im Adjektiv ‹astral› (die Sterne betreffend, zu den Sternen gehörend, von den Sternen bestimmt), aber auch im lateinischen ‹stella› (Stern), folglich in ‹interstellar› (zwischen den Sternen), ‹Konstellation› (Sternbild, Anordnung), in der ‹Aster› (Sternblume aus der Familie der Korbblütler, Astracea).
Da alle diese Wörter auf die indoeuropäische Wurzel ‹*h₂stḗr› (Stern) zurückgehen, leiten sich auch das deutsche Wort ‹Stern› davon ab, das englische ‹star›, das niederländische ‹ster›, das schwedische ‹stjärna›, sowie: Sanskrit ‹tāra›, Altiranisch ‹star›, Altirisch ‹ser›, Armenisch ‹astł›.
Eine ergiebige und beständige indoeuropäische Wurzel! Aber aufgepasst: Auch wenn da und dort etwas anderes behauptet wird, haben viele Wörter, die dazu verleiten könnten und manchen auch tatsächlich dazu verleiten, eine etymologische Verwandtschaft zu vermuten, wo keine ist, nichts mit dem indoeuropäischen ‹*h₂stḗr› zu tun! Nicht mit dem Stern verwandt sind: Stereo, Stereometrie, Stereoskopie, Steroid, hysterisch, auch der wunderschöne nordische Vorname Astrid leitet sich, trotz der am Literaturhimmel sternhaft strahlenden Astrid Lindgren, nicht von Aster ab, sondern von der nordischen Göttin Ase und dem altnordischen Wort ‹friðr› (Schönheit).
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Kommentare 1
Sehr schön, vielen Dank, lieber Alberigo. Als Liebhaberin der französischen Sprache war gerade dieses Spiel mit den Namen der Helden der Grund, warum ich gleich von den Bewohnern dieses gallischen Dorfes begeistert war..