Warum das Fremde unser Elend ist

Alberigo TuccilloGesellschaft, Sprache Schreibe einen Kommentar

Dem Althochdeutschen ‹elilenti› (in fremdem Land, ins Exil geschickt) folgte Mittelhochdeutsch durch Verkürzung ‹ellende› (fremd, verbannt; ausgestoßen). Der Bedeutungswandel zur heutigen Deutung erklärt sich daraus, dass der Ausschluss aus der Rechtsgemeinschaft des eigenen Volkes als schweres Unglück empfunden wird.

Im ersten Teil des Wortes hat sich der sonst untergegangene germanische Pronominalstamm ‹*alja-› (anders, anderswo, andersartig) erhalten, der dem Lateinischen ‹alius› (ein anderer) und ‹alias› (zu anderer Zeit) und dem Griechischen ‹ἄλλος› [àllos] (ein anderer, anders, sonst) entspricht.

Der zweite Teil ist eine Ableitung von dem unter ‹Land› behandelten Wort. Das Substantiv ‹Elend› ist aus dem Adjektiv ‹elend› entstanden — Frühmittelhochdeutsch ‹ellende› (anderes Land, Verbannung), später ‹ellendi› (Not, Trübsal), Die Bedeutung des Althochdeutschen ‹elilenti› (der Fremde) hat sich in der gelehrten Dichtung zum Teil bis ins 18. Jahrhundert festgehalten. 

Ableitungen wie ‹elendig(lich)› (jämmerlich) waren im Althochdeutschen noch unbekannt, traten aber bereits im Mittelhochdeutschen als ‹ellendeclīchen› auf.

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